top of page
Therapiekonzept

Selbstfreundschaft

Ein übergeordnetes Ziel für unser Angebot ist der freundschaftliche Umgang der Menschen mit sich selbst. Nach unserer Erfahrung führt es zu einer Verbesserung der Lebensqualität, wenn sich die Beziehung zu sich selber positiv verändert – und dies auch, wenn sich äussere Umstände nur geringfügig verändern lassen.​

Um die Freundschaft mit sich selbst zu verstehen, ist es zunächst sinnvoll, sich mit der Freundschaft allgemein zu beschäftigen. Wahre Freundschaft wird bereits von Aristoteles im 4. Jahrhundert vor Christus von der Nutzenfreundschaft und der Lustfreundschaft als die Freundschaft abgegrenzt, in der zwischen zwei Menschen eine wechselseitige Zuwendung besteht um ihrer selbst willen (Schmid, 2008). Solche freundschaftlichen Begegnungen mit anderen Menschen können sehr heilsam sein.

Ein selbstfreundschaftlicher Selbstumgang wird als die Fähigkeit verstanden, mit dem Selbst, seinen Eckpunkten und den Ich-Zuständen (> siehe Ego-States) wertschätzend umzugehen. Wahrhaft selbstfreundschaftliche Menschen könne auch dann freundschaftlich mit sich umgehen, wenn sie mit sich selbst gerade nicht ganz zufrieden sind (Dietrich, 2016).

Angelehnt an Aristoteles schreibt Schmid (2008, S. 217), dass der Umgang mit sich selbst die wichtigste Voraussetzung für jede Beziehung zu anderen ist, insbesondere für Beziehungen der Freundschaft und der Liebe. Ein Mensch, der seine inneren Verhältnisse nicht geklärt habe, sei viel zu sehr mit sich beschäftigt, als dass er sich anderen zuwenden könne. Die Selbstbeziehung im Modus der Selbstfreundschaft vermittle die Ressourcen, auf andere zuzugehen und für sie da zu sein, weil durch das Fehlen des unmittelbaren Eigeninteresses das Selbst frei ist und die Beziehungen an Reichtum gewinnen. Dieser Reichtum komme dem Selbst wieder zugute, denn innerlich reich wird das Selbst nicht durch sich selbst, sondern durch andere.

Allgemeine Psychotherapie

Es haben sich unabhängig von einzelnen therapeutischen Ausrichtungen Faktoren gezeigt, die wichtig sind, damit psychotherapeutische Prozesse gelingen. Diese sind für uns in der Therapie von zentraler Bedeutung. 

In der Neuropsychotherapie (Grawe, 2004) wurden die Ergebnisse der Studien zur Wirksamkeit von Veränderungsprozessen zusammengefasst. Es zeigten sich vier allgemeine Wirkfaktoren der Psychotherapie. Dies sind  methodenunabhängige Faktoren, die vielen Menschen nachweislich geholfen haben, sich zu verändern.

Damit Veränderungen gelingen, ist es wichtig, dass Menschen ihre Ressourcen aktivieren können (Faktor 1), indem sie sich von ihren positiven Seiten erleben und ihre Motivation und ihre guten Voraussetzungen genutzt werden. Um Aspekte des Lebens verändern zu können, reicht es nicht, darüber zu sprechen und nachzudenken; vielmehr sollten sie erlebt und dann direkt verändert werden (Faktor 2). Wenn Menschen merken, dass sie mit den problematischen Aspekten ihrer selbst und ihres Leben besser umgehen können, steigt ihr Selbstwirksam-keitserleben (Bandura, 1977), und es kann ihnen gelingen, Schritte zur Veränderung umzusetzen (Faktor 3). Schliesslich ist es wichtig, dass Menschen die Funktionalität ihres Erlebens und Verhaltens in Bezug auf ihre bewussten und unbewussten Ziele verstehen (Faktor 4).

Kunstorientierte Methoden

Worte sind oftmals beschränkt – der künstlerische Ausdruck und die Kreativität des Denkens wird seit Menschengedenken genutzt um sich über das auszutauschen, was in Worten nicht fassbar wird.

Kunst als Ausdrucksform

Schon seit den Höhlenmalereien der Urzeit benutzen Menschen künstlerische Methoden, um ihren Gefühlen, ihrem Erleben und damit verbunden ihrem Selbst Ausdruck zu verleihen. Durch das entstehende Werk kann sich der Künstler diese innere Wirklichkeit erschliessen und sie auf eine über das Sprachliche hinausgehende Art anderen mitteilen.

Der werkorientierte Ansatz der kunstorientierten Therapie (kurz: „kunstorientierte Methoden“ (Herbert & Knill, 2010; Dietrich & Knill 2018), der sich aus der Expressive Arts Therapy („EXA“) und den Grundsätzen der systemischen Methoden entwickelt hat, ist eine Möglichkeit, sowohl die Wirkung von bereits erschaffenen Werken als auch die Kreativität der ästhetischen Logik (Ciompi, 1997), mit der die Werke geschaffen werden, für Veränderungen von Menschen nutzbar zu machen.

Die Krise als Notenge

Wenn Menschen sich – in der Sprache der kunstorientierten Methoden – in einer Notenge befinden, können bei ihnen durch künstlerischen Ausdruck die Spielräume erweitert werden. Eine solche Notenge entsteht z.B. durch innere und äussere Konflikte, in denen die Wahlmöglichkeiten stark reduziert sind. Oftmals ist es erst das Erleben einer Notenge, was Menschen den Mut gibt, die Angst vor einer Veränderung zu überwinden. Es sind somit im Verständnis der kunstorientierten Methoden manchmal gerade die Krisen, durch die sich neue Handlungsspielräume eröffnen.

Freude am kreativen Tun

Die künstlerischen Medien, wie z.B. Gestalten, Theater, Bildhauerei, Poesie, Musik, Tanz und Bewegung, werden als imaginative Techniken verstanden, die neue Erlebensbereiche und Sichtweisen ermöglichen und somit im konstruktivistischen Sinn neue Wirklichkeitskonstruktionen entstehen lassen. Künstlerische Prozesse schaffen Raum für überraschende Momente, indem sie die häufig in Notenge-Situationen auftretenden engen Sprachschablonen verlassen und ein sinnlich-erlebensorientiertes Setting fördern und dadurch neue Lösungswege freilegen.

Dabei erfordern die kreativen Techniken der kunstorientierten Methoden keine besonderen künstlerischen Fähigkeiten oder Begabungen, sondern dienen einem Selbstausdruck, der – im Gegensatz zu den häufig eher hinderlichen Schulerfahrungen – nicht bewertet wird.

EGO-States

Unser Alltags-Ich besteht bei uns allen aus verschiedenen Anteilen oder Ich-Zuständen. Zu verstehen, wie wir durch das Aktivieren verschiedener Anteile unsere Ressourcen aktivieren hilft, um unsere Selbstwirksamkeit zu erhöhen.

Ego-States, oder auf Deutsch Ich-Zustände (Watkins & Watkins, 2012), sind eine Beschreibung der Teilpersönlichkeiten von uns, zu denen wir werden, wenn wir durch die Aktivierung von Erlebnisnetzwerken unterschiedliche Rollen einnehmen.

Menschen nehmen z.B. je nach sozialer Situation unterschiedliche Rollen ein und zeigen dabei verschiedene Fassetten ihres Selbst. Sie werden gegenüber ihrem Partner andere Aspekte von sich zeigen, als gegenüber dem Vorgesetzten und wiederum andere als gegenüber der Freundin oder dem Kind. Diese unterschiedlichen Rollen, sind kreative Lösungen des menschlichen Organismus, um seine Grundbedürfnisse (Grawe, 2004) in einer möglichst optimalen Weise zu befriedigen (Fritzsche, 2014).

In der Begegnung mit den eigenen inneren Anteilen lässt sich lernen diese wahrzunehmen und mit ressourcenreichen Ego-States zu verbinden. Aus der Perspektive eines erwachsenen und kompetenten Anteils lässt sich dann nach einem nach einem passenden Platz und einer stimmigen Funktion für andere Anteile suchen.

Durch das Kennenlernen der inneren Anteile und das Verstehen ihrer Funktion werden die „guten Gründe“ deutlicher, warum sich Menschen so verhalten, wie sie sich verhalten. Dann können die Ressourcen, die in den verschiedenen Anteilen angelegt sind, dazu genutzt werden, neue Perspektiven und Lösungen zu finden.

Hypnosystemik

Im Hintergrund unseres Bewusstseins bestimmen innere Bilder unser Fühlen, Denken und Handeln. Diese bewusst zugänglich und gestaltbar werden zu lassen hilft unser Ergehen besser steuern zu können.

Die Kraft innerer Bilder nutzen

Bei den hypnosystemischen Methoden werden, aufbauend auf die Systemik, Methoden aus der ressourcenorientierten Hypnotherapie Milton Eriksons integriert (Schmidt 2015). Es wird dadurch die Kraft innerer Bilder in imaginativen Prozessen nutzbar.

Der Begriff der Hypnose wird hier als der Weg in eine Trance verstanden. Im Gegensatz zum früheren Verständnis und zu den in Filmen oftmals dargestellten Methoden der Bühnenhypnose wird bei unserer Anwendung der Hypnose nicht das bewusste Denken ausgeschaltet, sondern Unwillkürliches dem Bewusstsein zugänglich und somit gestaltbar gemacht (Leeb u.a., 2011).

Selbsthypnotische Fähigkeiten stärken

Trancephänomene werden aus hypnosystemischer Sicht als alltäglich ablaufende Prozesse verstanden. Man kann lernen hilfreiche Trancezustände durch selbsthypnotische Fähigkeiten gezielt auszulösen, zu gestalten und auch wieder zu beenden. Eine Alltagstrance besteht aus unbewusst ablaufenden Gedankenketten und damit verbundenen Gefühlen, durch die sich jemand in innere Bilder und Erlebensweisen hineinhypnotisiert. Um das Erleben in eine günstige Richtung steuern zu lernen, wird die Fähigkeit der Selbsthypnose benötigt, die hilft, Denk-, Fühl- und Verhaltensprogramme  gezielt zu aktivieren.

Das Gehirn lernt

Durch die zeitlebens vorhandene Plastizität, also die Anpassungsfähigkeit des Gehirns, können sich Erlebensnetzwerke durch neue Erfahrungen verändern. Die Hebb’sche Regel (dargestellt z.B. in Spitzer, 1996) aus der Neurobiologie besagt, dass Hirnzellen, auch Neuronen genannt, die zusammen aktiv sind, sich immer stärker verbinden und dass Neuronen, die sich stärker miteinander verbinden, immer öfter zusammen aktiviert werden. Das Gehirn schafft infolge von Erfahrungen also Verbindungen, die immer stärker werden, je öfter Menschen ähnliche Lernsituationen erleben. Das Hebb’sche Gesetz stellt die neurobiologische Basis der Wirksamkeit der hypnosystemischen Methoden dar. Durch hypnosystemische Interventionen werden neue Lernerfahrungen angeregt, und Erlebnisnetzwerke können sich verändern und neu verknüpfen. So kann der Zugriff auf Ressourcen des Gehirns erlernt werden.

Systemik

Wir leben innerhalb von vielen Systemen: unserem Familiensystem, dem Gesellschaftssystem, dem Arbeitssystem, dem Gesundheitssystem, dem Bildungssystem und unserem Beziehungssystem – und wir bestehen zumindest aus unserem psychischen und biologischen System. Durch die Systemik können wir lernen, wie diese Systeme auf eine konstruktive Weise interagieren.

Lösungs- und Ressourcenorientierung

Aus der systemischen Perspektive wird bei einem Veränderungswunsch der Blick nach vorne gerichtet, die Vision eines Lebens entworfen, in dem das störende Symptom nicht mehr vorhanden wäre, und daraus Veränderungsziele abgeleitet.

 

Wer aus einer systemischen Haltung auf sich und sein Leben blickt, wird beginnen, Symptome, Unzufriedenheiten, Veränderungswünsche aber auch  Freude und Glück als das Ergebnis eines einzigartigen, zirkulären Innenlebens zu verstehen. Die Suche nach einer Ursache für konkretes leidvolles Erleben verliert an Bedeutung. Dafür wird es wichtig herauszufinden, wie jemand sich selbst und seine Umgebung so gestalten könnte, dass immer häufiger das erlebt werden kann, was jemand sich wünscht.  Diese Haltung, bei der die Suche nach Lösungen und nicht die Analyse von Problemen im Zentrum steht, heisst lösungsorientiert (Shazer, 2012).

 

Die Potentialhypothese (Schmidt, 2015) der systemischen Methoden ist eine in der Praxis bewährte Grundannahme über Menschen, die besagt, dass sie in sich alle Ressourcen haben, um die Herausforderungen des eigenen Lebens zu meistern.

Der Konstruktivismus

Das philosophische Konzept des Konstruktivismus (Glasersfeld & Schmidt, 1997) ist eng mit den systemischen Methoden verbunden und geht davon aus, dass die Wahrnehmung von Menschen durch ihre Lebenserfahrung, durch ihre Einstellungen und Entscheidungen, ihre Gedanken und ihre Gefühle geprägt ist. Infolgedessen erleben Menschen eigentlich ähnliche Situationen völlig unterschiedlich, da sie andere Fassetten der Situation wahrgenommen haben und sich somit an andere Aspekte erinnern. So konstruiert jeder Mensch sich seine eigene Realität.

 

Der Konstruktivismus sieht die Erweiterung der Selbstwahrnehmung  als einen Weg an, Veränderungen zu ermöglichen. Die Suche nach einer Vermehrung der Wahlmöglichkeiten wurde von Heinz von Förster in seinem ethischen Imperativ als zentraler Handlungsgrundsatz formuliert: „Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird!“ (H. V. Foerster, 2002, S. 303).

 

Dazu werden nicht dauerhaft Experten benötigt, vielmehr kann jede und jeder zum Experten für sich selber werden. In einem therapeutischen Prozess soll das Knowhow für die Gestaltung eines reichen und sinnvollen Lebens entwickelt werden.

bottom of page